OLG Linz 1. 3. 2018, 12 Ra 6/18s:

Der Kläger, der beim beklagten Arbeitgeber als Hilfsarbeiter tätig war, verspürte am 10.5.2017 Schmerzen am Arm und ersuchte den Geschäftsführer, das Firmengelände kurz für einen Behördenweg verlassen zu dürfen. Er beabsichtigte tatsächlich nicht, wieder zur Arbeit zu erscheinen, und hatte auch keinen Behördenweg zu erledigen. Am 11.5.2017 fragte der Geschäftsführer telefonisch nach, warum der Kläger nicht zur Arbeit gekommen sei, und erhielt vom Arbeitnehmer ohne Angabe eines Grundes die Antwort, dass er erst am 15.5. wieder komme. Der Geschäftsführer drohte mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen und löste des Dienstverhältnis noch am selben Tag durch Kündigung zum 19.5.2017 auf, da der Kläger nicht mehr zur Arbeit erschien. Das Schreiben ging dem Kläger noch am 11.5. zu. An diesem Tag wurde der Kläger ambulant im Krankenhaus behandelt und bestätigte der Hausarzt am 12.5. eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab 10. 5. Der Kläger brachte die Arbeitsunfähigkeitsbestätigung am 12. 5. in den Betrieb.

Der Entgeltfortzahlungsanspruch gemäß § 5 EFZG bestand bis 28.5.2017 und bleibt über das Dienstende am 19.5.2017 bis 28.5.2017 bestehen, also, auch wenn das Dienstverhältnis vorher beendet wurde. Das Entgelt ist ungekürzt weiterzuzahlen. Der Einwand des Mitverschuldens und die damit verbundene Kürzung des Schadenersatzanspruchs (Kündigungsentschädigung) ist nur bei vorzeitiger Auflösung, nicht aber bei Kündigung anzuwenden.

Anmerkung: hätte der Arbeitgeber in Unkenntnis der Arbeitsunfähigkeit die Entlassung wegen unberechtigten Fernbleibens vom Dienst ausgesprochen, so wäre die Kündigungsentschädigung (vom 11.5. bis 19.5.) wegen Mitverschuldens zu kürzen und auch kein Entgelt über das Dienstende (§ 9 Abs 1 AngG) hinaus zu zahlen gewesen.