OGH 28.6.2016, 8 ObA 37/16y

Einvernehmliche Auflösung ohne Bedenkzeit

1.) Sachverhalt: Aufgrund eines grippalen Infekts befand sich die bei der Gemeinde OÖ beschäftigte Kindergärtnerin 2 Wochen lang im Krankenstand. Während dieses Krankenstands hielt die Klägerin jedoch am Mittwoch der zweiten Woche einen Malkurs mit sechs Kindern und vier Erwachsenen bei ihr zu Hause ab. Am darauffolgenden Montag trat sie ihren Dienst wieder an. Vor Entlassungsausspruch wird das Dienstverhältnis einvernehmlich gelöst, ohne der Kindergärtnerin ausreichende Bedenkzeit zu gewähren. Der Klägerin wurde die von ihr gewünschte Bedenkzeit (von 1 Tag) nicht eingeräumt. Die mögliche gesundheitliche Beeinträchtigung durch die Malkurse wurden vom Dienstgeber nicht aufgeklärt.

2.) Entscheidungsbegründung: Diese Auflösung sei nach Ansicht des OGH unter unzulässigem Druck erfolgt, weil die erwünschte Bedenkzeit „ohne sachlichen Grund“ nicht eingeräumt worden sei und die Entlassungsgründe (gesundheitliche Beeinträchtigung durch die Malkurse) nicht „geprüft“ worden seien. Schließt der Dienstnehmer unter dem Eindruck der Ankündigung des Dienstgebers, ihn zu entlassen, eine Auflösungsvereinbarung, so kommt es in dieser Hinsicht darauf an, ob für den Dienstgeber zum Zeitpunkt der Androhung der Entlassung plausibel und objektiv ausreichende Gründe für deren Ausspruch gegeben waren. Entscheidend ist, ob der Dienstgeber den Dienstnehmer zu einer einvernehmlichen Auflösung drängen will, weil er von seiner Rechtsposition nicht überzeugt ist (vgl RIS-Justiz RS0014878). Dazu kommt die Obliegenheit des Dienstgebers, vor dem Ausspruch der Entlassung zu prüfen, ob sich der Dienstnehmer tatsächlich eines pflichtwidrigen Verhaltens schuldig gemacht hat. Dementsprechend hat er zumindest zu versuchen, den Sachverhalt unter Beiziehung des Dienstnehmers aufzuklären. Die gesundheitliche Beeinträchtigung aufgrund der beiden Malkurse sei von der Dienstgeberin nicht geprüft worden.

Anmerkung: diese Entscheidung ist ausgehend von der bisherigen Rsp des OGH nicht nachzuvollziehen, weil die im Fall der Entlassung zwecks Beseitigung des für beide Seiten bestehenden Beweisrisikos geschlossene Auflösungsvereinbarung nach stRsp regelmäßig nicht unter Druck erfolgt (vgl etwa OGH 9 ObA 158/08p).

Rechtliche Beratung, Dr. Guido Bach > Arbeitsrecht Wien: