OGH 25.6.2018, 8 ObA 28/18b:

Austritt wegen offener Überstunden mangels Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung unberechtigt

 

Eine Arbeitnehmerin hatte unter Berufung auf § 26 Z 2 AngG (ungebührliches Vorenthalten des Entgelts) aufgrund nicht bezahlter Überstunden ihren vorzeitigen Austritt erklärt. Es waren keine Arbeitszeitaufzeichnungen geführt worden. Die Arbeitnehmerin hat bislang die Gehaltsabrechnungen unbeanstandet unterfertigt. Im erstinstanzlichen Verfahren stellte sich heraus, dass von den im Austrittsschreiben behaupteten 1.962,50 Überstunden letztlich nur 28 zu entlohnen waren.

Von einem „ungebührlichen Vorenthalten“ des Entgelts iSd § 26 Z 2 AngG spricht man regelmäßig dann, wenn der Anspruch weder bestritten noch bezweifelt, das Entgelt jedoch bei Eintritt des Fälligkeitstermins nicht oder nicht zur Gänze geleistet wird. Durch eine bloß objektive Rechtswidrigkeit, zB, wenn über das Bestehen des Anspruchs verschiedene Rechtsmeinungen vertreten werden können und daher der Ausgang eines diesbezüglichen Rechtsstreits nicht abzusehen ist, wird dieser Tatbestand jedoch nicht erfüllt. Entscheidend ist, ob der AG wusste oder infolge der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht hätte wissen müssen, dass seine Vorgangsweise unrechtmäßig ist.

Nur eine wesentliche Vertragsverletzung berechtigt zum vorzeitigen Austritt. Wesentlich ist eine Vertragsverletzung nur, wenn demAN die weitere Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses nicht einmal mehr für die Kündigungsfrist objektiv zugemutet werden kann. Unter Beachtung der geringen Höhe der letztlich als berechtigt erachteten Überstundenforderung ist die Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses zu verneinen.