OGH vom 28.6.2016, 8 ObA 63/15w

Auch die mit einer Änderungskündigung argumentativ verstärkte Anordnung einer Versetzung unterliegt der Mitwirkung des Betriebsrats, und zwar auch dann, wenn der Dienstnehmer dieser zustimmt, um die Kündigung zu vermeiden.

1.) Sachverhalt:

Mit Schreiben vom 19.3.2014 sprach der Dienstgeber die Kündigung des Dienstverhältnisses zum 30.6.2014 mit dem Beisatz aus: „Diese Kündigung tritt außer Kraft, wenn Sie bis 26. 3. 2014 schriftlich erklären, einer Änderung Ihres Tätigkeitsbereichs dahingehend zuzustimmen, dass Sie als Arbeitszeitbeauftragte und in der Administration des KursleiterInnenservice mit der Einstufung VG IV/14 tätig werden.“ Der zuständige Betriebsrat wurde zeitgerecht vor dem Ausspruch dieser Änderungskündigung verständigt und erhob gegen „die geplante Änderungsabsicht (Änderungskündigung) ausdrücklich Einspruch“. Die Klägerin erklärte sich am 25.3.2014 schriftlich mit der Änderung einverstanden und erklärte, dass sie im neuen Bereich „gerne tätig sein werde, so dass meine Kündigung nunmehr gegenstandslos ist“. Sie ist seit 8.4.2014 als Arbeitszeitbeauftragte und in der Administration des KursleiterInnenservice mit einem monatlichen Gehalt von 2.832,50 EUR tätig. Mit ihrer am 21. 8. 2014 eingebrachten Klage begehrt sie die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, der Versetzungsanordnung der beklagten Partei per 1.4.2014 Folge zu leisten. Der OGH bestätigte die Klagsstattgabe.

2.) Entscheidungsbegründung:

Die wirksame Annahme eines in einer auflösend bedingt ausgesprochenen (Änderungs-)Kündigung unterbreiteten Angebots zur verschlechternden Änderung der Arbeits- und/oder Entgeltbedingungen bedarf auch der vorherigen Zustimmung des Betriebsrates, wenn die Voraussetzungen des § 101 ArbVG erfüllt sind. Nach der herrschenden „Zwei-Ebenen-Theorie“ sind die arbeitsvertraglichen und die betriebsverfassungsrechtlichen Aspekte der verschlechternden Versetzung getrennt zu prüfen und müssen beide erfüllt sein, um die Versetzung wirksam werden zu lassen. Die Zustimmung des Dienstnehmers allein genügt daher nicht; als rechtliches Korrektiv gegen eine unsachliche Entscheidung des Betriebsrats steht aber die Klage auf Ersetzung seiner Zustimmung zur Verfügung. Die betriebsverfassungsrechtliche Mitwirkungsbefugnis des Betriebsrates (§ 101 ArbVG) wird also im Fall einer Änderungskündigung durch seine Mitwirkungsbefugnisse im Rahmen des Kündigungsschutzes nicht konsumiert (§ 105 ArbVG).

3.) Zur Entscheidungsbegründung:

Stimmt also der Dienstnehmer, nicht aber der Betriebsrat einer solchen Änderung zu, ist sowohl die Kündigung als auch die (dauernde, verschlechternde) Änderung des Dienstverhältnisses unzulässig und unwirksam. Der Dienstgeber kann Klage auf Erteilung der gerichtlichen Zustimmung mit der Behauptung der sachlichen Rechtfertigung erheben oder die Kündigung unbedingt aussprechen. In einem allfälligen Anfechtungsverfahren sollte dann das Änderungsangebot Maßstab zur Prüfung der Sozialwidrigkeit sein.

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