OGH 26.6.2014, 8 ObA 26/14b

Der besonders bestandgeschützte Dienstnehmer hat die Unwirksamkeit der Auflösung des Dienstverhältnisses mit Feststellungsklage aufzugreifen.

Die Auflösung ist nicht unter Druck erfolgt, wenn ex-ante-beurteilt plausible und objektiv ausreichende Gründe für einen Entlassungsausspruch vorlagen.

1.) Sachverhalt:

Abschluss einer einvernehmlichen Auflösungsvereinbarung (mit sofortiger Wirkung), die im Beisein der Personalvertreterin erfolgt. Inhalt: Austritt der Dienstnehmerin und Zurücknahme der bereits ausgesprochenen Entlassung vom selben Tag (Auflösungsanlass: Verrichtung privater Tätigkeiten vorsätzlich falsch als Arbeitszeit verzeichnet). Die Personalvertreterin rät zum Abschluss, eine Überlegungsfrist wird nicht gewährt. Die Vertragsbedienstete klagt auf Unwirksamerklärung der Auflösungsvereinbarung wegen unzulässigem Druck iSd § 879 Abs. 1 ABGB und arglistiger Irreführung iSd § 870 ABGB, später in eventu auf Feststellung, dass die Auflösungsvereinbarung unwirksam ist.

2.) Entscheidungsbegründung:

Schließt ein Dienstnehmer unter dem Eindruck einer bereits ausgesprochenen Entlassung die ihm gleichzeitig angebotene Auflösungsvereinbarung ab, so kommt es für die Redlichkeit des Dienstgebers darauf an, ob für ihn zu diesem Zeitpunkt plausible und objektiv ausreichende Gründe für einen Entlassungsausspruch gegeben waren. Ist dies der Fall, kann nicht von der Ausübung ungerechtfertigten psychologischen Drucks die Rede sein. Ob die Beklagte objektiv der Meinung sein durfte, dass Entlassungsgründe vorliegen, kann nur nach ihrem Wissensstand ex ante geprüft werden; es kommt aber nicht darauf an, ob ihre Ansicht ex post aufgrund der Ergebnisse eines förmlichen Beweisverfahrens auch von den befassten Gerichten geteilt wird. Der Arbeitgeber ist nicht (treue-)verpflichtet, den AN über sein Anfechtungsrecht zu belehren.

Die Anfechtung einer unberechtigten Entlassung eines kündigungsgeschützten Vertragsbediensteten ist mit Klage auf Feststellung des aufrechten Bestehens des Dienstverhältnisses geltend zu machen. Mit dem Rechtsgestaltungsbegehren allein kann das erkennbares Rechtsschutzziel, die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses, nicht erreicht werden, weil die Entlassung wiederauflebt. Eine Umdeutung in ein Feststellungsbegehren ist möglich, es sei denn, der anwaltlich vertretene Kläger beharrt auch nach Erörterung auf seinem abweichenden Begehren Nach Beendigung des Dienstverhältnisses stand der Beklagten schon begrifflich keine weitere Sanktion mehr zur Verfügung, sodass von einer Drohung mit Nachteilen, um die Klägerin zum Selbstaustritt zu bewegen, hier nicht gesprochen werden konnte.

Rechtsberatung, Dr. Guido Bach > Arbeitsrecht in Wien