OLG Innsbruck 29.9.2021, 13 Ra 33/21g

 

Kündigung einer Arbeitnehmerin (hier: ausgebildete klinische und Gesundheitspsychologin in ambulanter Familienbetreuung) wegen deren Weigerung einer Weisung, einen Mund-Nasen-Schutz oder FFP2-Maske im innerbetrieblichen Bereich und bei  beruflichen Behördengängen, sondern nur einen viel luftdurchlässigeren Schal zu tragen, ist auch ohne vorherige Abmahnung und trotz Behauptung einer – nach Kündigungsausspruch ausgestellte – „Bestätigung“ zur Maskenbefreiung rechtswirksam bzw berechtigt. Die Arbeitnehmern begründete dies damit, dass sie sich dabei nicht körperlich wohl fühle, zu wenig Luft bekomme und nach kurzer Zeit das Auftreten einer Panik bemerke.

Die Klage dieser (freien) Dienstnehmerin auf Unwirksamerklärung der Kündigung wegen behaupteter Verletzung des Gleichbehandlungsgesetzes (§§ 17, 26 Abs 7 GlBG) abgewiesen, weil die Ablehnung ders Maskentragens kein Ausdruck einer (geschützten) Weltanschauung im Sinne des GlBG, sondern bloß punktuelle Meinungsäußerung ist. „Ein kritischer Standpunkt gegenüber den derzeitigen Corona-Maßnahmen bis hin zum Leugnen des Umstands, dass das SARS-CoV-2-Virus in seinen Auswirkungen gefährlicher sei als eine normale Grippe, stellt keine Weltanschauung dar. Damit liegt keine Diskriminierung aufgrund einer Weltanschauung iSd § 17 Abs 1 GlBG vor“.

Die Kündigung ist  nicht nur sachlich gerechtfertigt, sondern auch zur Erreichung des Ziels Schutz des Lebens und der Gesundheit anderer Mitarbeiter und vulnerabler Außenkontaktpersonen sowie der Vermeidung verwaltungsbehördlicher Bestrafung wegen gesundheitsschutzmotivierter Vorschriften angemessen und erforderlich, weil der Arbeitgeber in der SARS-CoV-2-Pandemiesituation ein berechtigtes und nachvollziehbares Interesse an der Einhaltung zwingend vorgeschriebener Schutzmaßnahmen, wie zB das Maskentragen durch seine Mitarbeiter, insbesondere beim Umgang mit vulnerablen Gruppen in Familien, und daran, ein ua in gesundheitlicher Hinsicht möglichst sicheres Umfeld für seine Mitarbeiter zu schaffen, denen gegenüber er fürsorgepflichtig ist. Die Ablehnung der Klägerin beeinträchtigt daher deren Eignung und Fähigkeit, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.

Auch die behauptete „Behinderung“ im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) wird dadurch im Konkretisierungszeitpunkt nicht ausreichend konkret behauptet.

Die Fürsorgepflicht hätte den Arbeitgeber sogar zur Entlassung wegen grober Pflichtverletzung gemäß § 27 Z 4 AngG bzw § 82 lit f GewO berechtigt, weil die Ablehnung eine Abmahnung bloß sinnentleerte Formalität und damit entbehrlich gewesen wäre.